DOCH NUR PILLEPALLE

Ein Kommentar zu den Beschlüssen des Klimakabinetts vom 20. September 2019

Das Urteil gleich vorweg. Niemand hatte viel vom Klimakabinett erwartet, aber das jetzige Ergebnis bleibt noch weit darunter. Die Beschlüsse können nur als mutlos, unzureichend und völlig enttäuschend bezeichnet werden. So sind die Klimaziele bis 2030 nicht zu erreichen.
Während Millionen Menschen für das Klima auf die Straße gehen, FRIDAYS FOR FUTURE zu einer breiten Bürgerbewegung und für die Mehrheit der Bevölkerung der Klimaschutz zur vorrangigen Aufgabe wird, schafft es die Bundesregierung nicht, klare Schritte in Richtung Klimaschutz zu gehen. Bei der großen, ja existenziellen Herausforderung des Klimawandels darf sich Politik nicht auf „das was möglich ist“ (Merkel) reduzieren, sondern muss das Notwendige möglich machen! Hier hat das Klimakabinett leider kläglich versagt.
Bei großen Teilen der Bevölkerung verliert die Bundesregierung so den letzten Rest an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das beschlossene Minimalprogramm zerstört die Hoffnung vieler Menschen, die für den Klimaschutz kämpfen. Wir befinden uns an einem Wendpunkt der Gesellschaft. Unsere auf fossilen Brennstoffen basierende Zivilisation geht zu Ende, ob es uns passt oder nicht. Es ist unser elementares Interesse, dass wir versuchen, diese Veränderung „menschenverträglich“ zu lenken. Es zeigt sich in erschreckender Weise, dass unserer Regierung dazu die gestaltende Kraft fehlt. So gerät die parlamentarische Demokratie in Gefahr. Greta Thunberg spricht zu Recht von einer „Welle der Veränderung“. Wer jetzt nicht entschlossen handelt, wird von einer rebellierenden Jugend und einem wachsenden, friedlichen, gewaltfreien zivilem Ungehorsam hinweggespült. Wer die engagierte Jugend verliert, wer die Erkenntnisse der Wissenschaftler ignoriert, wer die Intelligenz eines Landes verprellt, wird sich nicht mehr lange behaupten können.
Auch wenn die Bundesregierung ihre Beschlüsse als ein „kraftvolles Paket“ (Scholz) anpreist, sieht die große Mehrheit der Kommentatoren, der Umweltschutzverbände und der Klimawissenschaftler darin eher ein klitzekleines „Päckchen“.

Die beschlossene CO2-Bepreisung, die ein wichtiges Steuerungselement sein sollte, fällt nach einhelliger Meinung viel zu niedrig aus. Mindestens 35 € wurden als Einstiegspreis für eine Tonne CO2 diskutiert, viele Experten fordern deutlich mehr. In Schweden beträgt die CO2-Steuer aktuell 115 €. Der jetzt beschlossene Einstiegspreis von 10 € pro Tonne CO2 ab 2021 ist ein lächerlich geringer Betrag, der sich lediglich mit etwa 3 Cent bei einem Liter Benzin auswirkt. Selbst 2025 soll der CO2-Preis noch bei 35 € liegen, was 12 Cent beim Liter Benzin entspricht. Das ist weniger als die ohnehin übliche Preisschwankung an der Zapfsäule, das hat keinen Lenkungseffekt. Wir werden es kaum bemerken und weiter Auto fahren wie bisher. Gleichzeitig soll die Pendlerpauschale zwischen 2021 und 2026 für Vielfahrer ab dem 21. Kilometer sogar von 30 auf 35 Cent erhöht werden, statt gezielt die zu belohnen, die auf klimaschonende Verkehrsmittel wie Bahn, Bus, E-Auto oder Fahrrad umsteigen.
Grundsätzlich richtig ist zwar die Absenkung der Mehrwertsteuer bei Bahnfahrten auf 7%, was aber nur bei Strecken über 50 km eine Veränderungen bedeutet, denn unter 50 km ist auch aktuell der Steuersatz bei 7%. Der Einspareffekt wird wieder rasch durch Preissteigerungen aufgehoben. Löblich ist auch, dass die Abgaben auf Flugtickets steigen sollen, wobei noch keine Höhe festgelegt wurde. Wie viele Cent dürfen es denn sein, damit niemand von einem Flug abgehalten wird und alles so bleiben kann wie bisher? Nur mit Sarkasmus sind solche Beschlüsse zu ertragen.
Subventionskürzungen bei der fossilen Wirtschaft wurden dagegen offenbar keine beschlossen. Stattdessen gibt es neue Subventionen, nein „Anreize“ durch Zuschüsse bei der Anschaffung von E-Autos oder beim Austausch von alten Ölheizungen, damit dann möglichst schnell noch eine Gasheizung eingebaut wird, die dann die nächsten 30 Jahre umweltschädliches Erdgas verbrennt.
Wohngeldbezieher und Hartz IV-Empfänger sollen höhere Heizkostenzuschüsse erhalten, um steigende Kosten abzufedern, was prinzipiell richtig ist, aber auch keine Verbesserung fürs Klima bringt.
Ach ja, nachdem man das EEG bereits soweit ruiniert hat, dass die Energiewende stagniert und kaum noch Windkraftanlagen entstehen, soll die EEG-Umlage jetzt „vorsichtig abgesenkt“ werden, was immer das bedeuten soll.
„Vorsicht“ scheint ohnehin ein Leitgedanke bei diesen Beschlüssen gewesen zu sein. Mit „Vorsicht“ ist allerdings keine Klimawende, keine Energiewende, keine Verkehrswende, keine Agrarwende zu erreichen. Diese vorsichtigen Maßnahmen werden wirkungslos verpuffen und die Erde wird sich bitter dafür rächen. Auch der Verweis auf die jährlichen „Nachjustierungen“ stimmt nicht sonderlich hoffnungsvoll. Das ist leider kein „Paradigmenwechsel“, von dem Bundeskanzlerin Merkel spricht, sondern doch nur Pillepalle.
Schüler*innen erhalten für so magere Arbeitsergebnisse die Note „ungenügend“ und im Zeugnis steht der Eintrag „nicht versetzt“. Daher unsere Bitte an alle Schüler*innen: Streikt weiter, bis die Bundesregierung ihre Hausaufgaben erledigt. Viele Menschen werden euch dabei unterstützen.

AUSSTEIGEN – UMSTEIGEN – VERKEHRSWENDE JETZT!

Aufruf zur Teilnahme an der bundesweiten Großdemonstration am 14. September 2019 anlässlich der IAA in Frankfurt
Die IAA in Frankfurt ist das Symbol für unsere autofixierte Gesellschaft und ein veraltetes Verkehrskonzept. Alle zwei Jahre werden größere, schnellere und luxuriösere Autos präsentiert und die Autoindustrie feiert mit großem Pomp ihre neuen Spritschlucker.
Auch wenn sich die IAA in diesem Jahr betont innovativ gibt, ändert sich nichts an ihrer überholten Grundhaltung. Das Auto wird nicht als Problem identifiziert, sondern „als Teil der Lösung“ (IAA-Website) gepriesen.
Wer der Klimakatastrophe entgegen wirken will, muss sich für eine Verkehrswende einsetzen. In Deutschland stammen ca. 20% der CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor. Die Hauptsünder sind dabei der Individualverkehr und der Verbrennungsmotor. Autoindustrie, Bundesregierung und Verkehrsminister Scheuer stehen jedoch bei der dringend gebotenen Verkehrswende ständig auf dem Bremspedal.
Unter dem Motto #aussteigen demonstrieren am 14. September Tausende für die Verkehrswende. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad brechen wir an diesem Tag die Vorherrschaft des Autos und erobern uns die Straßen in Frankfurt zurück. Mehrere Fahrrad-Korsos aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet fahren sternförmig nach Frankfurt und vereinigen sich dort mit dem großen Demonstrationszug, der von der Hauptwache zum Messegelände führt.
Die Friedberger Fahrradfahrer*innen versammeln sich kurz vor 11.00 Uhr beim Finanzamt in der Burg, um den Fahrrad-Korso aus Gießen zu empfangen und sich zur Weiterfahrt anzuschließen. Die Bahnfahrer*innen treffen sich um 10.00 Uhr im Friedberger Bahnhof, um mit Gruppenkarten nach Frankfurt zu fahren. Die Auftaktveranstaltung beginnt um 11.30 Uhr an der Hauptwache, wo auch die Fußgänger-Demo startet. Fahrrad-Korsos und Fußgängerdemo vereinigen sich am Messeturm zur Abschlusskundgebung um 14.30 Uhr. Infos und Aktualisierungen unter https://www.iaa-demo.de/.

Querstellen-Friedberg fordert auch zur Teilnahme am weltweiten Klimastreik am 20. September 2019 auf. Infos dazu bei FRIDAYS FOR FUTURE unter https://fridaysforfuture.de/.

8 Jahre Querstellen: Klima schützen! Kohle- und Atomkraft stoppen!

Mahnwache zum achtjährigen Bestehen von QuerstellenAm 15. Dez. 2018 fand unsere Mahnwache zum 8-jährigen Bestehen eingezwängt zwischen Fahrradständern, abgestellten Motorrädern, Elvis-Säule und Fahrbahn statt. Die Friedberger Ordnungsbehörde hatte uns diesen Platz zugewiesen, das Aufstellen eines Pavillons untersagt und gleich noch eine lange Liste mit weiteren Verboten beigefügt. Vor Ort konnten wir für diese Entscheidung keinen nachvollziehbaren Grund feststellen, denn sowohl das nördliche Ende („Kleine Freiheit“) wie auch das südliche Ende des Elvis-Presley-Platzes waren vollkommen frei. Bei Organisatoren und Besuchern wurde  lebhaft darüber spekulieren, aus welchen Bewegründen uns die beantragte „Kleine Freiheit“ als Versammlungsort verwehrt blieb.
Trotz dieser Beeinträchtigung warben wir mit unserer Mahnwache für einen konsequenteren Klimaschutz. „Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand“, so bringt es der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellenhuber auf den Punkt. Immer deutlicher zeigt sich, dass erheblich mehr Maßnahmen erforderlich sind, um den Klimawandel noch einigermaßen beherrschen zu können. Obwohl auf der Weltklimakonferenz in Katowice noch nach Lösungen gerungen wurde, zeichnet sich bereits ab, dass die Ergebnisse aus Sicht vieler Klimaexperten und Umweltschutzorganisationen nicht ausreichend sein werden. Nur eine radikale und schmerzliche CO2-Reduktion in allen Sektoren kann die Erderwärmung noch begrenzen. Dies fordern auch die unmittelbar bedrohten Inselstaaten und viele Entwicklungsländer, aber ausgerechnet die Hauptverursacher des Klimawandels, wie z.B. die USA oder Saudi Arabien, blockieren alle größeren Anstrengungen. Auch Deutschland hat keine rühmliche Rolle auf der Klimakonferenz. Weil es seine für 2020 gesetzten Klimaziele verfehlen wird, wurde ihm der wenig schmeichelhafte Preis „Fossil des Tages“ verliehen. Beim Klimaschutzindex wurde Deutschland außerdem von Rang 22 auf Rang 27 herabgestuft. Noch immer ist Deutschland weltweit der sechstgrößte Treibhausgas-Produzent (Stand 2015) und verstromt mehr Braunkohle als jedes andere Land der Erde.
Nach kurzer Stagnation steigen inzwischen weltweit wieder die CO2-Emissionen an. Folgendes Bild drängt sich auf: Wir sitzen in unserem komfortablen SUV. Uns geht es gut. Es ist warm und wir fühlen uns sicher. Unser Navi weist zwar auf den Abgrund hin, auf den wir stetig zurasen, aber statt endlich zu bremsen und umzusteuern, geben wir nur noch stärker Gas.

Sorge um Energiewende – Mahnwache am 7. Geburtstag von Querstellen in Friedberg

Unserem Selbstverständnis entsprechend „feierte“ Querstellen-Friedberg am 16. Dezember seinen 7. Geburtstag mit einer Mahnwache auf dem Elvis-Presley-Platz. Während uns vor 7 Jahren der Beschluss zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und die Castor-Transporte nach Lubmin bei starkem Schneetreiben auf die Straße trieben (vgl. die Fotos vom Dezember 2010), war unsere Geburtstagsaktion bei freundlichem Wetter, Glühwein und Früchtepunsch durchaus einer „Geburtstagsfeier“ angemessen.

Landratskandidat Thomas Zebunke (Grüne) ließ sich bereitwillig zwischen Atomfässern und Quersteller*innen fotografieren.

Wenn man auf die letzten 7 Jahre Atom- und Anti-Atompolitik zurückblickt, gilt es durchaus positiv festzuhalten, dass nicht nur die Laufzeitverlängerung zurückgenommen wurde, sondern auch der Atomausstieg – als Reaktion auf die Atomkatastrophe in Fukushima – bis Ende 2022 beschlossen wurde. Damit sind die Erfolge aber auch schon im Wesentlichen aufgezählt und die Erfolgsliste der Atomkraftwerksbetreiber ist deutlich länger. Nach 2011 wurde lediglich das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet und bis 31. Dezember 2017 muss noch der Block B des Kraftwerks Gundremmingen folgen. Alle sechs dann noch laufenden Atomkraftwerke können weiter bis 2021/22 betrieben werden und Atommüll produzieren. Einige weitere „Grausamkeiten“ haben wir auf unserem „Jubiläumsflyer“ aufgelistet. (Eine umfassende Chronik der letzten 7 Jahre finden Sie unter Gast-Beiträge.) Aktuell bereitet der Umstand Sorge, dass bei den Versuchen der Regierungsbildung, die Energiewende ganz offensichtlich nur noch eine geringe Rolle spielt. Es muss damit gerechnet werden, dass der Wechsel auf erneuerbare Energien noch weiter ausgebremst wird. Stattdessen steht die Kohleverstromung hoch im Kurs, obwohl sie maßgeblich den Klimawandel beschleunigt. Während auf dem Klimagipfel in Bonn andere Länder, z.B. Kanada, Frankreich, England, Italien und Österreich, eine Allianz zum Kohleausstieg beschließen, entzieht sich ausgerechnet Deutschland, das sich doch so gerne seines Engagements für den Klimaschutz rühmt. Das wiegt umso schwerer, da Deutschland die bis 2020 zugesagte CO²-Einsparung um 40%  nicht mehr einhalten kann. Aktuelle Prognosen liegen bei nur noch 32%. Deshalb müsste in einem Koalitions- oder Kooperationsvertrag einer zukünftigen Bundesregierung der Kohleausstieg und das umgehende Abschalten der ältesten Kohlekraftwerke festgelegt werden. Atomkraftwerke dürfen nicht länger von der Besteuerung freigestellt werden, die Übertragen von Reststrommengen abgeschalteter Atomkraftwerke sollte untersagt werden, das Verschieben von Atommüll muss aufhören, die Zwischenlager für den Atommüll, die wohl noch das ganze Jahrhundert benötigt werden, müssen erheblich sicherer gestaltet werden und vieles mehr.  Bis zum vollständigen Atom- und Kohleausstieg ist also noch ein langer Weg und Querstellen-Friedberg wird sich daher weiter einmischen und sich mit vielen anderen auch im neuen Jahr für den Umstieg auf erneuerbare Energien einsetzen.

Keine Stimme für Windpark-Blockierer!

Straßenaktion zum Kommunalwahlkampf in Friedberg

 

Anlässlich der Kommunalwahl zogen „Quersteller*innen“, ausgestattet mit Atomfässern und Plakaten, am Samstag, dem 27. Februar, über die Kaiserstraße in Friedberg, um den Parteien vor ihren Wahlkampfständen lautstark die Leviten zu lesen:

  • Vor 5 Jahren war Fukushima! Schon vor 30 Jahren war Tschernobyl! Aber noch immer nix kapiert!
  • Den Windpark am Winterstein 5 Jahre lang groß angekündigt! Aber nix ist passiert!
  • Alle sind angeblich für die Energiewende! Aber nix wird gemacht!
  • Windkraft erzeugt zwar saubere Energie! Aber bloß net bei uns!“

Diese Vorwürfe richten sich besonders gegen CDU, FDP und UWG, denn diese Parteien haben sich offen gegen einen Windpark am Winterstein ausgesprochen. Aber auch die SPD kann nicht von Kritik verschont bleiben. Zwar liefert Sie immer wieder ein Bekenntnis zur Windenergie ab, jedoch folgen keine Taten. Vor 5 Jahren hatte Bürgermeister Keller den Windpark am Winterstein groß angekündigt, aber im letzten Sommer blockierte die SPD mit ihren Stimmen eine mögliche Realisierung. Verbal sieht sich die SPD zwar an „vorderster Front“ bei der Realisierung der Windkraft, aber solche Lippenbekenntnisse sind nicht mehr sehr überzeugend. Auch für die SPD gilt daher der Vorwurf:

  • Friedbergs Politiker entziehen sich ihrer Verantwortung für Umwelt und Klima! Keine Stimme für Windpark-Blockierer!
  • Friedbergs Politiker verschlafen die Energiewende! Keine Stimme für Windpark-Blockierer!
  • Friedbergs Politiker verschenken Einnahmen aus der Windenergie! Keine Stimme für Windpark-Blockierer!

Lediglich GRÜNE und DIE LINKE können wir mit unserer Kritik verschonen, da sie bekanntlich den Windpark am Winterstein unterstützen.

Das Friedberger Aktionsbündnis ist parteipolitisch unabhängig, aber wir halten es für unsere Aufgabe, deutliche Kritik an Parteien zu üben, die vor Ort die Energiewende ausbremsen. Parteien, die noch immer hartnäckig das Atomrisiko, die Atommüllproblematik oder die Endlichkeit fossiler Energieträger ignorieren und den Klimawandel durch Kohleverstromung billigend in Kauf nehmen, können nicht mehr gewählt werden.
Es ist hinlänglich bekannt, dass dezentral gewonnene Windenergie einen wesentlichen Anteil am Strommix der Zukunft leisten wird. Es sollte daher die Aufgabe verantwortungsvoller Parteien sein, dies auszusprechen und offensiv für die Windkraft einzutreten.
Inzwischen wurde ausreichend hervorgehoben, dass ein Windpark am Winterstein nahezu ideale Voraussetzungen für eine saubere Energiegewinnung bietet. Wer diese Chance – wider alle Vernunft – permanent blockiert, muss sich deutliche Kritik gefallen lassen.
Besonders die FDP versucht sich in diesem Wahlkampf mit einer peinlichen Kampagne zu „profilieren“. Offensichtlich hofft sie, mit ein paar Stimmen von denjenigen, die partout kein Windrad in ihrem Blickfeld haben wollen, politisches Kapital schlagen zu können.
Wir Wähler haben es am 6. März in der Hand, den Parteien die richtige Antwort zu geben.
Hier finden Sie einige „Entscheidungshilfen“ für die Kommunalwahl am 6. März in Friedberg.

KLIMAWANDEL! NA UND?

Anlässlich der Klimakonferenz in Paris verteilt das Friedberger Aktionsbündnis einen Flyer mit mahnenden Worten des Papstes aus der Umwelt-Enzyklika. Terroranschläge und Flüchtlingsdebatte verdrängen die Klimakonferenz in Paris aus der Berichterstattung, obwohl dort rund 10 000 Delegierte nichts weniger versuchen als die Welt zu retten. Selbst wenn die zu beschließende Klimarahmenkonvention gut wird, wird sie wahrscheinlich nicht gut genug, denn zu weit ist der Prozess der Erderwärmung schon fortgeschritten. Ob die mahnenden Wort des Papstes noch helfen? Man muss der Konferenz den größtmöglichen Erfolg wünschen.

Die Erde hat sich seit Beginn der Industrialisierung bereits um 1 Grad erwärmt. Tendenz stark ansteigend.
Von 1890, dem Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen, bis heute ist die mittlere Temperatur um etwa 1 Grad gestiegen. 2014 war das wärmste bisher gemessen Jahr und 2015 wird dieser Rekord vermutlich noch übertroffen. Mit weiteren Steigerungen ist zu rechnen.

Hauptursache ist die Verbrennung fossiler Rohstoffe. Durch die massive Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas wird in großem Umfang Kohlendioxid freigesetzt, das die Hauptursache für den Klimawandel ist. Auch die zunehmende Entwaldung der Erde trägt zum Anstieg der Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre bei, da Pflanzen und Bäume fehlen, die dieses binden konnten. Auch in den Meeren liegt die Kohlendioxidkonzentration gegenüber vorindustrieller Zeit um 28 Prozent höher und die Speicherkapazität der Meere ist bald erschöpft.

Spätestens ab einer Erwärmung um 2 Grad drohen unberechenbare Verschiebungen der Klimazonen. Bei weiter steigender Erwärmung rechnen Wissenschaftler mit einem unbeherrschbaren Kippeffekt, der zur kompletten Veränderung der Klimazonen führen könnte. Wann dieser Effekt eintritt ist nicht vorherzusehen. Viele Länder plädieren daher für eine Reduzierung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad.

Inlandgletscher und arktisches Eis schmelzen bereits. Forscher haben mit Hilfe von Satelliten die globale Eisschmelze ermittelt. Danach verliert die Erde jährlich ca. 230 Milliarden Tonnen Eis. Die zwischen 2003 und 2010 verlorene Eismenge wäre ausreichend, um die gesamte USA mit einer fast 50 Zentimeter hohen Wasserschicht zu bedecken. Schmilzt das Eis ab, kann der darunter liegende, dunklere Boden weniger Sonnenstrahlung zurück ins All reflektieren. Taut der Permafrostboden in Sibirien und Nordamerika auf, werden enorme Mengen an darin enthaltenen Treibhausgasen freigesetzt. Beide Effekte steigern wiederum die Erwärmung des Klimas.

Seit 1900 ist der Meeresspiegel um 20 cm gestiegen. Aus Messungen geht hervor, dass die abschmelzenden Gletscher zwischen 2003 und 2010 zu einem jährlichen Anstieg des Meeresspiegels um 3 Millimeter geführt haben. Insgesamt sei der Meeresspiegel in dieser Zeit um rund einundzwanzig Millimeter gestiegen, berichten Forscher im Fachmagazin „Nature“. (doi:10.1038/nature10847) Das stimme gut mit bisherigen Schätzungen überein. (National Geographic Deutschland 9.2.12 Quelle: dapd). Beim National Climate Assessment vom Mai 2014 wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ein Meeresspiegelanstieg um 1 bis 4 Fuß (30 bis 120 cm) im Vergleich zum vorindustriellen Wert erwartet. Dadurch würden viele Küstenregionen der Erde im Meer versinken.

Wetterextreme wie Tornados, Hitzewellen, Erdrutsche und Überschwemmungen nehmen deutlich zu. In einem Sonderbericht hatte der Weltklimarat IPCC im November 2011 festgehalten, dass es im Zuge der Erderwärmung zu einer Zunahme extremer Wetterphänomene wie heftiger Regenfälle, Hitzewellen und Dürreperioden gekommen ist und diese Entwicklung anhalten wird. 2012 wurden laut einer Untersuchung etwa die Hälfte aller Extremwetterphänomene durch den Klimawandel verstärkt.

Trinkwasser wird in vielen Regionen der Welt knapp. Bereits ein Drittel der Weltbevölkerung leidet derzeit unter Mangel an Trinkwasser. Der Wasserverbrauch hat sich in den letzten 100 Jahren versechsfacht. Experten schätzen, dass sich der weltweite Wasserbedarf bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird und dass zukünftig auch wohlhabenden Länder unter Wassermangel leiden werden. Laut einer Studie, die das Internationale Wassermanagement-Institut in den Niederlanden veröffentlichte, leben etwa zwei Milliarden Menschen in Regionen, in denen Wasser entweder sehr knapp ist bzw. der Pro-Kopf-Verbrauch zu hoch ist. In diesen Regionen sind zudem stark sinkende Grundwasserspiegel und austrocknende Flüsse zu beobachten. In den USA wurde dies in Kalifornien dieses Jahr deutlich sichtbar.

Der Klimawandel erzeugt Armut, Verteilungskämpfe und Migration vor Dürre und Hunger. Ob Hitzewellen, Dürren, Stürme oder Überschwemmungen – die ärmsten Länder sind meist die Hauptleidtragenden von Wetterkatastrophen. Von 1994 bis 2013 waren Honduras, Myanmar und Haiti die am stärksten betroffenen Staaten, wie aus dem Klima-Risiko-Index hervorgeht, den die Umweltschutzorganisation Germanwatch bei der Klimakonferenz in Lima vorstellte. Das Gesamtausmaß der Katastrophen ist enorm: Weltweit starben in diesem Zeitraum mehr als 530.000 Menschen in direkter Folge von über 15.000 extremen Wetterereignissen. „Diese Ergebnisse zeigen die besondere Verwundbarkeit der armen Länder gegenüber klimatischen Risiken, trotz der Tatsache, dass die absoluten monetären Schäden in den reicheren Ländern wesentlich höher sind“, heißt es in der Studie. Daher werden in Zukunft auch klimabedingte Migrationsbewegungen zunehmen.

Die Verbrennung fossiler Energieträger muss gestoppt werden und die Kohle muss in der Erde bleiben. Rund 40 Prozent des weltweiten Stroms werden mithilfe von Kohle erzeugt. Ihre Verfeuerung gehört zu den schädlichsten Praktiken auf der Erde, mit weltweit bleibenden Schäden für Umwelt und menschliche Gesundheit. Für diese Schäden kommt jedoch nicht die Kohleindustrie auf, sondern die Allgemeinheit. Schwefeldioxid, Feinstaub, Quecksilber, Stickoxide, Arsen – aus den Schornsteinen von Kohlekraftwerken gelangen große Mengen gesundheitsschädliche Schadstoffe in unsere Atemluft. Als besonders gefährlich gelten Feinstäube – mikroskopisch kleine Partikel, die über die Lunge bis in den Blutkreislauf gelangen. Eine erhöhte Feinstaubbelastung verursacht nachweisbar Lungenkrebs, Schlaganfälle, Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen. Zusammen mit anderen Quellen der Luftverschmutzung führen die Emissionen aus Kohlekraftwerken zu einer erhöhten Sterblichkeit in der Bevölkerung. Der Braunkohleabbau richtet ganze Regionen zugrunde. Die drei großen deutschen Tagebaureviere – das Rheinische Revier, das Lausitzer Revier und das mitteldeutsche Revier bei Leipzig – umfassten 2008 insgesamt eine Fläche von über 1.600 Quadratkilometern. In der Lausitz plant der Energiekonzern Vattenfall, weitere Tagebaue zu eröffnen.

Ein Kohlekraftwerk bei uns setzt mehr Kohlendioxid frei als z. B. ganz Kenia mit 45 Millionen Einwohnern. In Deutschland gibt es reichlich Braunkohle, die in zwölf gigantischen Tagebauen abgebaggert wird. Rund ein Fünftel der gesamten deutschen CO2-Emissionen stammt aus Braunkohlekraftwerken. Das Kohlekraftwerk Jänschwalde z.B. stößt 25 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aus, das gesamte Land Kenia z.B. dagegen nur 13 Millionen Tonnen. Dabei ist der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken besonders schlecht. Selbst wenn sie mit modernster Technik arbeiten, erreichen sie nur einen Wirkungsgrad von etwa 45 Prozent. Mehr als die Hälfte der Energie verpufft ungenutzt durch den Schornstein.

Die Versäumnisse der Vergangenheit erzwingen jetzt radikale Veränderungen. Der Kohleausstieg muss deshalb rasch erfolgen und die Energiewende muss beschleunigt werden. Der Regierungsberater Martin Faulstich hat für die Abschaffung von Kohlekraftwerken plädiert. Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften sollten einen „Pakt für den Kohleausstieg schmieden“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU). Das letzte deutsche Kohlekraftwerk könne bis zum Jahr 2040 abgeschaltet werden, sagte Faulstich. Die meisten Anlagen könnten allerdings schon in den nächsten 15 bis 20 Jahren vom Netz gehen. Den Vorstoß begründete der Professor für Umwelt- und Energietechnik mit der Sorge um die Energiewende. Wenn die Bundesregierung nicht bald für ein Ende der Kohleverstromung sorge, „dann wackelt die Energiewende“, sagte der Experte. Der SRU setzt sich seit längerem für ein Energiesystem ein, das vollständig aus erneuerbaren Quellen gespeist wird. Dieses Ziel sei bis 2050 technisch möglich, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Zugleich lägen die Kosten langfristig unter denen einer Versorgung mit konventionellen Brennstoffen wie Erdöl und Kohle.

Der Energieverbrauch muss gesenkt und sinnloses Wachstum muss begrenzt werden. Daher sollten auch wir Bürger*innen dringend über unser Konsumverhalten und unsere Urlaubsgewohnheiten nachdenken und unsere Verantwortung für die Umwelt wahrnehmen.

Was bringt der 21., 22. oder 23. Klimagipfel? Wie viel Zeit bleibt uns noch?

Energiewendedemo Mainz-Wiesbaden 2014

Gleich in 7 Landeshauptstädten demonstrierten am 22. März 2014 unter dem Motto „Energiewende retten! Sonne und Wind statt, Fracking, Kohle und Atom“ insgesamt 30 000 Menschen für die Energiewende und gegen die bisher bekannten Pläne zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Auch das Friedberger Aktionsbündnis und der Sonnenstrom Verein Butzbach hatten zur Demonstration aufgerufen und beteiligten sich an der Demonstration in Mainz-Wiesbaden mit vielen Teilnehmern. Auf der großen Abschlusskundgebung vor dem Hessischen Landtag in Wiesbaden forderte Hubert Weigert, der Vorsitzende des BUND, die Landesregierung auf, den von der Bundesregierung geplanten Einschränkungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien entschieden entgegenzutreten. Fotos von der Demonstration in Mainz-Wiesbaden, an der rund 5 000 Menschen teilnahmen, gibt es wieder im Menü FOTOS.

„Wir dürfen nicht müde werden…“

„Wir dürfen nicht müde werden… wir müssen schneller sein als das Unglück.“ Mit diesem Satz beginnt der Film „Das Ding am Deich“, den das Friedberger Aktionsbündnis als ersten Film seiner dreiteiligen Filmreihe zeigte. Die Regisseurin Antje Hubert stellt in ihrem Film auf einfühlsame Weise Menschen der Region um Brokdorf vor, die seit 1973 beharrlich Widerstand gegen das dortige Atomkraftwerk leisten. Gleichzeitig dokumentiert sie mit zahlreichen Originalaufnahmen die wesentlichen Stationen im politischen Kampf gegen das Atomkraftwerk und eine wichtige Etappe in der Geschichte der Anti-Atom-Bewegung.
„Wir dürfen nicht müde werden…“, das war auch die Überlegung, warum das Friedberger Aktionsbündnis mit einer Filmreihe für die Energiewende ins Frühjahr startet. Seit Fukushima sind fast wieder 2 Jahre vergangen. Vollmundig wurde damals der Atomausstieg und die Energiewende verkündet, aber der große Durchbruch ist in den beiden Jahren noch nicht gelungen. Im Gegenteil, immer häufiger hört man inzwischen wieder Argumente gegen die Energiewende: Der Strom würde zu teuer, die Stromnetze reichten nicht aus, die Energiewende ginge zu schnell. Leicht kommt die Sorge auf, dass die Bremser wieder einmal die Oberhand gewinnen könnten.
„…wir müssen schneller sein als das Unglück.“ Um die Notwendigkeit einer raschen Energiewende zu unterstreichen, zeigt das Friedberger Aktionsbündnis an den kommenden Donnerstagen jeweils um 20 Uhr zwei weitere Filme im Bistro Pastis. Am 28. Februar läuft der Film „Yellow Cake“ von Joachim Tschirner, der zeigt wie in den Uranminen in Namibia, Australien und Kanada Uranerz abgebaut wird. Der Film macht eindringlich klar, dass Atomstrom alles andere als eine „saubere“ Energiequelle ist. Am 7. März läuft als letzter Film „Leben mit der Energiewende“ von Frank Farenski. In diesem aktuellen Streifen werden die drängendsten Fragen, wie z. B. Ursachen der Strompreiserhöhung, Netzstabilität, Einspeisevergütung und Lage der Solarindustrie in Deutschland diskutiert. Zahlreiche gelungene Beispiele ermutigen zu einer schnellen Energiewende.
„Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass irgendwelche Politiker das für uns machen würden. Wir haben das schon mehrmals erlebt. Wir müssen das machen“, so ruft gegen Ende des Films „Das Ding am Deich“ einer der Protagonisten dazu auf, den Protest gegen die Atomkraft immer wieder auf die Straße zu tragen. Auch die Wetterauer Atomkraftgegner wollen das tun und am Samstag, dem 9. März anlässlich des Fukushima-Jahrestages an der Demonstration am Atomkraftwerk Neckarwestheim teilnehmen. Je nach Beteiligung werden dazu Fahrgemeinschaften gebildet oder ein Bus gechartert.

Drei Filme zur Energiewende

Unter dem Motto „Drei Filme – X Gründe für die Energiewende“ startet das Friedberger Aktionsbündnis mit einem kleinen Filmfestival ins Jahr 2013.

Wir haben drei sehr sehenswerte Dokumentarfilme ausgewählt, die sich mit zentralen Themen des Atomausstiegs beschäftigen: Der Film „Das Ding am Deich“ aus dem Jahr 2012 berichtet auf sympathische Weise vom unermüdlichen Widerstand der Bevölkerung gegen das Atomkraftwerk in Brokdorf. „Yellow Cake“ von 2010 gewährt Einblicke in die Gewinnung von Uranerz und „Leben mit der Energiewende“ von 2012 diskutiert die aktuellen Fragen nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung.

Sie sind herzlich eingeladen. Die Filmvorführungen beginnen jeweils um 20 Uhr im Bistro Pastis. Bereits ab 19 Uhr ist geöffnet, damit Sie sich einen guten Platz und Getränke sichern oder sich an unserem Infotisch mit Informationsmaterial eindecken können. Der Eintritt ist frei. Über eine Spende freuen wir uns.

Weitere Informationen zu den Filmen finden Sie hier.

Stellungnahme des Aktionsbündnisses zur Befragung der Bürgermeister

Ein Jahr nach der Atomkatastrophe in Fukushima, welche Auswirkungen hatte die Atomkatastrophe auf die Politik in Ihrer Kommune?

Zum Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima hatte das Friedberger Aktionsbündnis gegen Atomkraft die Bürgermeister von zehn Wetterauer Kommunen befragt, welche Auswirkungen die Ereignisse in Fukushima auf die Politik in ihrer Kommune hatte.  An der Umfrage haben sich die Bürgermeister der Städte Butzbach, Karben, Niddatal, Ober-Mörlen, Rosbach und Wölfersheim nicht beteiligt. Als Aktionsbündnis bedauern wir natürlich, dass die Bürgermeister dieser Kommunen ihre Bestrebungen nicht ausreichend transparent machen. „Dass sich die Gemeinde Wöllstadt hinsichtlich der Energieeinsparung und Förderung von erneuerbaren Energien gesetzeskonform verhält“,  teilte uns der Wöllstädter Bürgermeister als alleinige Antwort auf unseren Fragenkatalog mit.

Die Städte Friedberg und Bad Nauheim haben uns dagegen umfangreiches Material zur Verfügung gestellt. In Friedberg regiert ein rot-grünes Bündnis, das im Koalitionsvertrag erklärtermaßen die Energiewende unterstützen möchte, und in Bad Nauheim regieren die Grünen in einer schwarz dominierten Koalition mit.

Bei der Frage nach den Auswirkungen auf die politische Diskussion und den daraus abgeleiteten politischen Zielen zeigt sich der Unterschied im konkreten Handeln beider Kommunen. Bürgermeister Häuser aus Bad Nauheim beschreibt hier, dass die Themen erneuerbare Energien und dezentrale Energieversorgung bereits vor der Atomkatastrophe in Fukushima aktuell waren. Seiner Ansicht nach sei es aber zu einer größeren Akzeptanz und höheren Sensibilität für diese Themen gekommen. Bürgermeister Keller verweist für Friedberg auf den im Internet einsehbaren Koalitionsvertrag, der unter anderem als Ziel eine Umstellung des städtischen Strombedarfs auf dezentrale, regenerative Energien bis 2016 vorsieht. Eine Übersicht der aus den Friedberger Gremien eingereichten Anträge und Berichte zeigt, dass eine öffentliche Diskussion gewünscht und gefördert wird. Unter anderem wurde der Magistrat beauftragt, ein Konzept zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu erstellen, in welchem zu jeder regenerativen Energiequelle alle erforderlichen Phasen von der Planung über die Finanzierung bis zum konkreten Betrieb berücksichtigt werden sollen. Das Bestreben, den Atomausstieg voranzutreiben und gleichzeitig die regionale Wirtschaft zu fördern,  ist deutlich erkennbar.

In  Bad Nauheim scheint die Diskussion noch nicht so weit fortgeschritten zu sein. Eine Beteiligung der Bürger an bereits installierten Anlagen bzw. zukünftigen Anlagen ist nach Aussage von Bürgermeister Häuser ausreichend gewährleistet durch die Stadtwerke, die zu 100% im Eigentum der Stadt sind. Friedberg geht hier weiter und möchte in seinem Konzept zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen auch die Möglichkeit einer direkten Kapitalbeteiligung der Bürger geklärt haben.

In beiden Städten wurde viel Geld in die energetische Sanierung städteeigener Gebäude gesteckt. Wie viele dieser Arbeiten auf laufende Renovierungsmaßnahmen (z.B. neue Heizung oder neue Fenster) entfällt und wie viele Maßnahmen ein wirklicher Schritt in eine andere Zukunft sind, ist oft schwer zu unterscheiden.

Bei den bereits installierten Photovoltaikanlagen hat Bad Nauheim eine Kapazität von 300 kWp erreicht, während es in Friedberg ungefähr 150 kWp sind (gemeindeeigene Gebäude und Gebäude der jeweiligen Wohnungsbaugesellschaften).

Bad Nauheim steht mit dem Regionalverband zu Fragen der Vorranggebiete zur Windenergienutzung noch in Verhandlung. Friedberg hat sich mit den Gemeinden Ober-Mörlen, Rosbach und Wehrheim zu einem Windparkprojekt am Winterstein zusammengeschlossen.

Trotz der zahlreichen Willenserklärungen und ersten Ansätze zur Förderung der Energiewende zeigt sich doch auch, dass im vergangenen Jahr noch wenig konkret umgesetzt wurde. Hier wird deutlich, wie mühevoll und langwierig der Realisierungsprozess sein wird und wie leicht er im Laufe der Zeit auch im Sande verlaufen kann. Beharrliche Arbeit und auch Druck von der Bevölkerung werden notwendig sein, um die Umsetzung von Beschlüssen, die im Laufe des letzten Jahres gefasst wurden, einzufordern.

Inge Faber und Sascha Jetzen