Mit einer Mahnwache erinnerte das Friedberger Aktionsbündnis am Samstag, dem 14. März, an die Atomkatastrophe in Fukushima vor vier Jahren und demonstrierte gleichzeitig für den Umstieg auf erneuerbare Energien.
Bundesweit fanden anlässlich des Jahrestages der Atomkatastrophe rund 200 Mahnwachen und zwei Großdemonstrationen statt. An der Demonstration am Atomkraftwerk Neckarwestheim, das noch bis 2022 in Betrieb bleiben soll, hatte auch das Friedberger Aktionsbündnis teilgenommen. (Fotos dazu im Menü Bilder.)
Zu Beginn der Mahnwache zitierte Erika Scheller-Wagner aus einem Grußwort, das in Neckarwestheim von einer Atomkraftgegnerin aus Kyoto vorgetragen worden war und das mit dem Satz schloss:
„Schaffen wir zusammen, Sie in Deutschland und wir in Japan, vereint und rasch eine Welt ohne AKWs!“
Der Applaus der Teilnehmer/innen zeigte, dass man diesen Worten auch in Friedberg zustimmt.
„Auch vier Jahre nach dem Gau sind die Probleme in Fukushima weiterhin ungelöst und es gibt keine Entwarnung“, betonte Hans-Dieter Wagner in seiner Ansprache: „230.000 Menschen wurden aus ihren Wohnorten vertrieben und leben seit vier Jahren unter ärmlichsten Verhältnissen in engen Notunterkünften. Täglich fallen 300-700 Tonnen radioaktiv verseuchtes Kühlwasser an, das notdürftig auf dem Kraftwerksgelände in Tanks gelagert wird. Da die Kapazität des Geländes bald erschöpft ist, verwundert es nicht, dass man jetzt überlegt, das verseuchte Wasser – trotz unzureichender Reinigung – ins Meer zu leiten. Die bei den Dekontaminierungsversuchen abgetragene Erde lagert in einfachen Plastiksäcken auf offen zugänglichen Plätzen. Die unabhängige Ärzte-Organisation IPPNW hat einen drastischen Anstieg an Schilddrüsenkrebs bei Kindern festgestellt und rechnet daher mit vielen zusätzlichen Krebstoten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.“
Auch Klaus Kissel äußerte seine Empörung: „Die Politik der derzeitigen Regierung Japans ist unverantwortlich. Während die explodierten Reaktoren weiter strahlen und eine ganze Region Japans und Teile des Pazifiks verseucht sind, wird ernsthaft das Wiederanfahren der seit der Katastrophe abgeschalteten AKWs geplant. Gleichzeitig wurde unter Strafe gestellt, z.B. über Krebserkrankungen als Folge der freigesetzten radioaktiven Strahlung zu berichten. Das macht uns einfach fassungslos!“
Das Friedberger Aktionsbündnis tritt daher für den konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien ein. Besonders die Windkraft wird dabei eine entscheidende Rolle spielen müssen, weshalb wir bereits im vergangenen November 10.000 Flyer im Friedberger Stadtgebiet verteilten und uns klar für einen Windpark am Winterstein aussprachen. Auf der Mahnwache betonte Wagner erneut:
„Es ist ein nahezu idealer Standort! Er hat eine hohe Windausbeute, er liegt weit hinter der lärmenden Autobahn und weit weg von Wohnhäusern. Selten gibt es so gute Bedingungen für einen Windpark! Wir sollten uns für diesen Beitrag Friedbergs zur Energiewende einsetzen, selbst wenn wir den Anblick von Windrädern vielleicht persönlich nicht so sehr schätzen.“
Querstellen hatte zum Thema Windpark Winterstein einige weitere Redner eingeladen. Gekommen waren Florian Uebelacker, der Fraktionsvorsitzender der Grünen in Friedberg, und Diethardt Stamm von der Mittelhessischen Energiegenossenschaft (MiEG).
Florian Uebelacker unterstrich ebenfalls die gute Eignung des Windparkstandortes, der außerdem nahezu komplett auf Friedberger Stadtgebiet liegt, was sowohl für die Planung als auch für die zu erwartenden Einnahmen sehr vorteilhaft ist. Zurzeit bereite die Stadt Friedberg eine europaweite Ausschreibung für einen Windpark mit 6 Windrädern vor. Allerdings macht die Deutsche Flugsicherung noch Probleme, die auf 15 km Abstand vom Funkfeuer Erbstadt besteht, der Winterstein aber nur 14,5 km entfernt ist. Für die Anwesenden war klar, dass der Windpark nicht an dieser Differenz von 500 m scheitern darf!
Die Jahresleistung der 6 Windkraftanlagen beträgt ca. 33 Mio. kWh, was etwa dem Verbrauch von 9.000 Haushalten (je 3.500 kWh) entspricht. Außerdem würden über 50.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart, was ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz darstellt.
Diethardt Stamm von der Mittelhessischen Energiegenossenschaft (MiEG) wies darauf hin, dass aktuell bereits rund 28 % des Stroms im Netz aus erneuerbaren Energien stammen und somit die Atomkraft deutlich überrundet wurde. „Notwendig ist aber nun der verstärkte Ausbau der Windkraft in der Wetterau und dies insbesondere am Idealstandort Winterstein.“ Obwohl schon seit über 3 Jahren in der Diskussion, sei leider noch immer wenig geschehen. Die OVAG, die über die Tochter hessenEnergie über viel Erfahrung mit Windenergie verfüge, und die MiEG hätten bereits vor 2 Jahren eine Absichtserklärung für gemeinsame Aktivitäten am Winterstein unterschrieben. „Der Schlüssel aber liegt in Friedberg, dem größten Grundstückseigentümer.“ Die dort jetzt beschlossene, europaweite Ausschreibung sieht Stamm eher kritisch, weil die MiEG sich nicht mit irgendwelchen Firmen einlassen möchte, bei denen Bürgerbeteiligung und Vorteile für die Region eher klein geschrieben würden.
Das Friedberger Aktionsbündnis ist gespannt, ob sich die Friedberger Parteien für eine zukunftsorientierte und saubere Energiegewinnung einsetzen werden oder ob sie die Auseinandersetzung mit den Windkraftgegnern scheuen. Wir Bürger müssen deutlich machen, dass eine saubere und risikolose Energiegewinnung der beste Schutz für die Natur ist und wir auf Parolen wie „Naturpark statt Windpark“ – was tatsächlich schon auf Plakaten zu lesen ist – nicht hereinfallen. Das Friedberger Aktionsbündnis erwartet von den im Stadtparlament vertretenen Parteien, dass sie sich den Fragen der Zukunft stellen und nicht vor ihnen kneifen.