Unsere illustrierte Satirebeilage zur Aufmunterung in düsteren Zeiten:
„Ich bin nicht unzufrieden, wie das mit dem Ausbau der Erneuerbaren gerade läuft. Noch nicht zufrieden, das ist alles noch ein zartes Pflänzchen, und wir kommen hier wirklich aus dem Tal der Tränen. Aber die sind getrocknet, und ein erstes zartes Lächeln kann man sich schon zutrauen.“ (Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck)
Fortsetzung Robert Habeck: „Wir sind noch lange nicht durch. Aber wir haben große Gesetze gemacht, etliche große und kleine Stellschrauben gedreht, … überall haben wir Bremsen gelöst.“
Das Bündnis Windpark Winterstein und seine 29 Mitgliedsorganisationen setzten sich auf ihrem 7. Plenumstreffen, am 30. Nov. 2022, umfassend mit dem Windpark-Vorschlag der OVAG an die vier Anrainerkommunen des Wintersteins auseinander. An dem Bündnistreffen nahmen neben den Bündnisorganisationen auch Vertreter:innen aus den Magistraten, Parlamenten, kommunalen Fachausschüssen und auch Personen teil, die bei den Ausschusssitzungen der Kommunen anwesend waren.
Das Bündnis begrüßte den Vorschlag der OVAG, einen Windenergiepark auf dem Winterstein zu errichten. Mit 12 bis 18 Windkraftanlagen neuester Bauart und einer gesamten Nennleistung von 112 Megawatt (MW) könnte der Strombedarf von ca. 175.000 Menschen, also mehr als der Hälfte der Wetterauer Bevölkerung abgedeckt werden. Einzelheiten hierzu wurden schon in der Presse (z.B. WZ vom 19.11.22) vorgestellt. Das Bündnis rechnet damit, dass die beteiligten Kommunen dieses Konzept unterstützen.
Wesentlich sind für das Bündnis mehrere Punkte: Es wird begrüßt, dass die OVAG den Kommunen eine wirtschaftliche Beteiligung an der Investition und damit auch am Ertrag anbietet. Auch die Bürger:innen sollen sich über Energiegenossenschaften beteiligen können. Schon sechs solcher Energiegenossenschaften bereiten sich aktuell entsprechend vor. Zudem ergibt sich nach der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ab dem 1.1.2023 die Option, dass Bürgerenergie-Projekte keine Ausschreibungen bei der Bundesnetzagentur durchlaufen müssen, wenn 75% der Mitwirkenden im Umkreis von 50 km um die Windenergieanlagen wohnen. Pro Genossenschaft wäre zwar die Gesamtleistung auf jeweils 18 MW, d.h. auf zwei Windkraftanlagen mit der derzeitigen Planungsgröße von 7,5 MW begrenzt, aber mit sechs Beteiligungsgesellschaften könnte der Windpark Winterstein zu einem echten Bürgerwindpark werden. Hinzu kommen weitere finanzielle Vorteile für die Kommunen im Umkreis des Windenergieparks, die u.a. eine gesetzliche Auszahlung von zusammen ca. 560.000 € zu erwarten haben, die sich aus § 6 EEG ergibt. Dort ist nämlich eine Ausschüttung von 0,2 Cent je produzierter KWh im Umkreis von 2,5 km um jedes Windrad vorgesehen.
Durch die Vorschläge des regionalen Energieversorgers ist nun der Weg bereitet, dass die vom Bündnis schon immer geforderte gemeinsame, energetisch optimierte Planung des Windparks umgesetzt werden kann. Ansonsten wäre zu befürchten, dass mehrere Betreiber sich gegenseitig Wind und Ertrag wegnehmen würden. Mit dem OVAG-Modell deutet sich erstmals eine Gesamtlösung für die komplexe Situation am Winterstein an, bei der außerdem große Teile der Wertschöpfungen in der Region verbleiben würden.
Seitens des Bündnisses stellte Diethardt Stamm mit seiner Erfahrung als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Windparks in Schotten fest, dass das Konzept der OVAG mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 7 Metern pro Sekunde sehr plausibel ist. Sehr positiv sei auch, dass die OVAG bereit ist, die kompletten Kosten und Risiken für die Entwicklung des Windparks zu übernehmen, aber dennoch den Kommunen und Bürger:innen eine Beteiligung von bis zu 50% vor Inbetriebnahme anbietet. Hans-Dieter Wagner hielt fest: „Wir freuen uns, dass es nach mehr als 10 Jahren Stillstand jetzt auf dem Winterstein mit der Windenergie vorangeht. Das ist ein wichtiger Beitrag unserer Region zum Schutz von Klima und Umwelt. Durch Ausgleichsmaßnahmen ergeben sich auch Möglichkeiten zur Wiederaufforstung der vom Klimawandel geschädigten Waldbestände.“ Das Bündnis wird sich nun besonders dafür einsetzen, dass sich auch das Land Hessen, das mit HessenForst über große Teile des Wintersteins verfügt, an diesem von Kommunen und dem regionalen Stromanbieter diskutierten Konzept beteiligt, um auf dem Winterstein einen großen gemeinsamen Bürgerwindpark als Pilotprojekt zu realisieren.
Endlich Schluss machen mit dem Irrweg Atomkraft! Ladet die Basta-Sonnen als PDF-Datei herunter und druckt sie euch im Kopie-Shop auf A3 aus. Klebt sie hinter das Fenster oder die Autoscheibe. Wir müssen wieder Flagge zeigen, damit der Wahnsinn endlich beendet wird.
Vor 12 Jahren wurde Querstellen-Friedberg gegründet, um gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu protestieren, die von der damals schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen worden war. An Silvester 2022 sollte endgültig Schluss mit der Atomkraft in Deutschland sein, aber jetzt wurde erneut die Laufzeit für die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 um dreieinhalb Monate verlängert. Deshalb mussten wir am 10. Dezember auf dem Elvis-Presley-Platz erneut eine Mahnwache durchführen.
Zur Lösung der Energiekrise können die drei AKW kaum etwas beitragen, denn es fehlt in Deutschland an Gas und nicht an Strom. Die AKW liefern nur noch 5-6 % Strom und haben einen Anteil von rund 1 % am Gesamtenergieverbrauch. Vielleicht lassen sich mit ihnen 0,5 % Gas einsparen. Viel zu wenig, um in der Energiekrise helfen zu können. Auch auf den Strompreis haben sie kaum Einfluss, da sich dieser aufgrund des ‚Merit-Order-Prinzips‘ nach dem teuren Gaspreis richtet. Selbst der zweite, verschärfte ‚Stresstest‘ hat gezeigt, dass die Stromversorgung in Deutschland gesichert ist. Die Bundesnetzagentur betont immer wieder aufs Neue, dass selbst unter ungünstigen Bedingungen in Deutschland keinesfalls die Gefahr eins ‚Blackouts‘ besteht.
Die Laufzeitverlängerung bringt also wenig Nutzen, aber hohe Risiken. An den Gründen für den Atomausstiegsbeschluss von 2011 habe sich nichts geändert. Im Gegenteil, bei den 34 Jahre alten Reaktoren sind die Risiken sogar deutlich gestiegen. Die alle 10 Jahre notwendige Sicherheitsüberprüfungen, letztmals 2009 durchgeführt, wurden 2019 ausgesetzt, weil die AKW ja Ende 2022 abgeschaltet werden sollten. Auch Reparaturen wurden nur noch in begrenztem Umfang durchgeführt. Im AKW Neckarwestheim wurden mehr als 300 Spannungsrisse in den dünnen Röhrchen des Dampferzeugers festgestellt. In diesen Röhrchen mit einer Wandstärke von 1 mm trifft der radioaktive Primärkreislauf auf den Sekundärkreislauf. Diese Risse haben die Tendenz, sich unter der Belastung weiter zu vergrößern. Auch in Emsland gibt es sie. In Bayern hat man sie lieber erst gar nicht untersucht. Diese AKW noch länger laufen zu lassen ist extrem fahrlässig und auch juristisch fragwürdig.
Den Atombefürwortern werden vier weiter Monate Zeit gegeben, um den Atomausstieg in Frage zu stellen und den gesellschaftlichen Großkonflikt um die Atomkraft erneut zu entfachen. FDP, CDU, CSU und AfD fordern schon jetzt den Weiterbetrieb der AKW über April hinaus und eine Renaissance der Atomkraft. Auf der Mahnwache wurde dagegen laut gefordert: „Basta! Schluss jetzt! Es darf keinen Wiedereinstieg geben!“
Dr. Werner Neumann vom BUND sprach in seinem Gastvortrag über gravierende Versäumnisse bei der Energiewende. Deutliche Kritik äußerte er an der FDP, die noch vor einiger Zeit verkündet hat, erneuerbare Energien seien ‚Freiheitsenergien‘. In der Realität arbeite sie aber am genauen Gegenteil. Ganz besonders prangerte er die unzureichenden Maßnahmen im Verkehrssektor an, wo die Einsparungsziele eklatant verfehlt werden. Verkehrsminister Wissing plane den weiteren Ausbau von Straßen, u.a. den 8-spurigen Ausbau der A 3. „Dagegen werden wir unseren Widerstand organisieren. Die Mobilitätspolitik der Bundesregierung ist völlig ungenügend.“
Bezüglich der Atomkraft baut Neumann auf das am 14. Dezember erwartete Urteil über die Klage gegen den Weiterbetrieb von Neckarwestheim. Möglicherweise wird das AKW doch noch per Gerichtsbeschluss zum Jahresende abgeschaltet. „Auf gar keinen Fall darf ein Weiterbetrieb der AKW über April hinaus stattfinden“, so Neumann. Der BUND hat bereits beschlossen, in diesem Fall eine Stilllegungsklage, exemplarisch für das AKW Emsland, einzureichen und bereitet sich auch auf eine Verfassungsklage gegen den Wiedereinstieg vor. Am 15. April soll an den noch verbliebenen Atomkraft-Standorten groß das Ende der Atomkraft gefeiert werden. „Aus, aus, endgültig aus für Atomkraft in Deutschland!“ ruft er abschließend den Versammelten unter Applaus zu.
„Atomkraft muss weg und erneuerbare Energien müssen her“, beginnt Diethardt Stamm vom ‚Bündnis Windpark Winterstein‘ seinen Redebeitrag. Besonders gelte das natürlich für die Windkraft. Aber dort hakt es erheblich beim Ausbau. Gerade hat die letzte Firma in Norddeutschland ihre Produktion von Windradflügeln eingestellt, weil zu wenige Windräder gebaut werden. Hunderttausend Arbeitsplätze seien durch den stockenden Ausbau bedroht. In Hessen wurden in diesem Jahr gerade einmal 8 Windräder gebaut, weiß Stamm zu berichten und nennt diese Entwicklung „eine Katastrophe“. In den vier Kommunen um den Winterstein geht es aber einen Schritt voran. Zwischen dem regionalen Energieversorger OVAG und den Kommunen zeichnet sich ein Abkommen ab. Zwischen 12 und 18 Windenergieanlagen neuester Bauart will die OVAG dort errichten und die Kommunen und Bürger*innen einbinden. Das Bündnis Windpark Winterstein begrüßt ausdrücklich diese Entwicklung. Aber es ist nur ein erster Schritt. Auch Land und Bund müssen sich mit ihren Flächen an diesem Konzept beteiligen. Stamm kritisierte diesbezüglich die hessische Landesregierung und den ihr unterstellten Hessenforst. Beim Hessenforst spielten die Einnahmen durch die Windenergie eine noch zu große und die Bürgerbeteiligung eine viel zu geringe Rolle. Er fordert deshalb für den Winterstein ein ‚Modellprojekt‘, in dem Bürger*innen und Bürgerenergiegenossenschaften die Hauptrolle spielen. Auch die Verfahrensdauer bei der Realisierung eines Windparks müsse deutlich verringert werden. Statt sechs Jahre sollte es höchstens drei dauern, bis ein Windpark steht. Stamm schließt ironisch-optimistisch mit dem Satz „Wir schaffen das!“
Und wieder geht es in die Verlängerung! Vor 12 Jahren wurde Querstellen-Friedberg gegründet, um gegen die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu protestieren. Wer hätte gedacht, dass wir 12 Jahre später wieder eine Mahnwache durchführen müssen. Die FDP und andere haben erneut eine längere Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke durchgedrückt und ohne Not den gesellschaftlichen Konflikt um die Atomkraft angeheizt.
Mahnwache am Samstag, dem 10. Dezember 2022, von 10.00 bis 13.00 Uhr, in Friedberg auf dem Elvis-Presley-Platz, Ecke Haagstraße.Um 11.00 Uhr Kundgebungzu folgenden Themen:
Laufzeitverlängerung und ihre Gefahren (Querstellen-Friedberg),
Klimakrise und Notwendigkeit zur Beschleunigung der Energiewende (Dr. Werner Neumann, BUND),
Bürgerwindpark auf dem Winterstein (Diethardt Stamm, Bündnis Windpark Winterstein)
Wir laden Sie herzlich ein, sich zu informieren, sich auszutauschen und gemeinsam gegen den Beschluss zur erneuten Laufzeitverlängerung zu protestieren.
Eine Laufzeitverlängerung um 3 ½ Monate ist überflüssig, sie hilft nicht gegen den aktuellen Gasmangel, verlängert lediglich die Atomgefahren und ermutigt die Atombefürworter, immer massiver den Wiedereinstieg zu fordern und das Atomausstiegsgesetz zu kippen.
Das gilt es zu verhindern. Mehr denn je müssen wir aus den fossilen Brennstoffen aussteigen und die damit verbundenen Abhängigkeiten reduzieren. Die 27. Weltklimakonferenz hat gerade wieder einmal die Dramatik des Klimanotstandes deutlich gemacht, ohne wirksame Schritte zur Lösung zu vereinbaren. Es ist auch sicher nicht dienlich, LNG-Terminals zu bauen und Gaslieferungen mit Qatar auszuhandeln. Die Energiewende muss in Deutschland und auch bei uns vor Ort viel stärker vorangetrieben werden. Bitte unterstützen Sie diese Ziele und kommen sie zur Mahnwache.
Zu den Redebeiträgen gibt es auch weiterführendes Infomaterial zum Mitnehmen.
Die Atomkraftwerke laufen bis zum 15. April 2023! Aber es bleibt beim Atomausstieg!
Unter Berufung auf seine Richtlinienkompetenz hat Bundeskanzler Olaf Scholz entschieden und erspart FDP und Grünen ein Abrücken von ihren Forderungen. Scholz übernimmt damit die volle Verantwortung für die um dreieinhalb Monate verlängerte Laufzeit der Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2. Er setzt sich dabei über die Gefahren hinweg, die von den vielen Korrosionsrissen in den dünnen Rohren der Wärmetauscher ausgehen. Ihm und uns allen kann man nur die Daumen drücken, dass es während der Laufzeitverlängerung bei den alten und lange nicht mehr überprüften Reaktoren nicht zu einem Zwischenfall kommt.
Erzwungen wurde diese erneute Laufzeitverlängerung von den ewig gestrigen Atomkraftbefürwortern, der FDP und der CDU/CSU, im Schulterschluss mit der AfD. Das sollte nicht vergessen werden. Das einzig Gute an der Basta-Entscheidung des Bundeskanzlers ist, dass es generell beim Atomausstieg bleibt und keine weiteren Brennstäbe in Auftrag gegeben werden.
Einflussreiche Akteure werden sich jedoch sehr ermutigt fühlen und versuchen, auch diese Entscheidung wieder umzudrehen. Neben dem Bundeskanzler liegt es besonders an der FDP, ob sie zu ihrer oft betonten staatsmännischen Verantwortung steht und im Interesse des Landes diese Entscheidung ohne Wenn und Aber mitträgt. In den ersten Interviews von Finanzminister Lindner wird leider nicht wirklich deutlich, dass sie tatsächlich auch für die FDP endgültig ist. Die aktuellen Äußerungen seines Parteikollegen Wolfgang Kubicki lassen eher das Gegenteil befürchten.
Vor zwölf Jahren, im Dezember 2010, führte Querstellen-Friedberg zum ersten Mal eine Mahnwache gegen die damals beschlossene Laufzeitverlängerung durch. Im kommenden Dezember werden wir es leider noch einmal tun müssen. Dann sollte aber endgültig Schluss sein!
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz(?), Robert Habeck (Grüne), die NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz(?) und Energie, Mona Neubaur (Grüne) und der Vorstandsvorsitzende von RWE, Dr. Markus Krebber verständigen sich auf die Zerstörung von Lützerath und den Weiterbetrieb der Blöcke D und E des Kohlekraftwerks Neurath, deren Stilllegung für Ende 2022 geplant war. Garzweiler II, das größte Loch Europas, soll noch größer werden und die Kohle unter Lützerath abgebaut werden. Die von den Klimaschützern bei Lützerath ausgerufene 1,5 Grad–Grenze muss dafür fallen.
In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft zur Verständigung mit dem NRW-Landesministerium und RWE ist bezeichnenderweise davon kein Wort zu vernehmen. Stattdessen wird der angeblich auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg in NRW gelobt, der allerdings bereits im Koalitionsvertrag der NRW-Landesregierung so beschlossen war. In der Presseerklärung wird der Erhalt der Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath hervorgehoben und Berechnungen der CO2-Einsparungen nach 2030 präsentiert. Die Vereinbarungen werden in den hellsten Tönen als großen Erfolg gefeiert. Kein Wort über den bitteren Preis für das Klima und die weiteren Zerstörungen. Kein Wort des Bedauerns oder Erklärens. Stattdessen wird dieser Deal als „Meilenstein für den Klimaschutz“ (Robert Habeck) gelobt. Diese Vereinbarung zeigt, dass die Grünen in der jetzigen Energiekrise bereit sind, wesentliche Positionen aufzugeben. Sie enttäuschen ihre Wähler, ihre Mitglieder und natürlich alle diejenigen, die seit Jahren mit großem Einsatz für Kohleausstieg und Klimaschutz kämpfen. Die CO2-Reduktion wird auf 2030 verschoben, jetzt wird erst einmal das Klima weiter geschädigt. Als hätten wir noch so viel Zeit, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Diese Vereinbarung wirft auch die Frage auf, zu welchen Zugeständnissen die Grünen womöglich auch bei den Verhandlungen über die Atomkraft bereit sind.
Stellvertretend für andere Austritte bei den Grünen erlauben wir uns, hier das Austrittsschreiben von Michael Zobel als pdf-Datei zu veröffentlichen. Der Naturführer und Waldpädagoge wurde bundesweit durch seine inzwischen 100(!) Wald- und Dorfspaziergänge im Hambacher Wald und in den Dörfern des Rheinlandes bekannt. Seit vielen Jahren setzt er sich für den Kohleausstieg und den Klimaschutz ein und ist stets um eine vermittelnde Position zwischen radikalen Aktivisti, Polizei, Regierung und RWE bemüht. Nach dieser Vereinbarung zieht er, wie andere auch, die Konsequenz. Seine Begründung spiegelt die Enttäuschung vieler Aktiver wider, die seit langer Zeit für Klimaschutz und Kohleausstieg kämpfen.
Die rheinlandpfälzische Landeshauptstadt Mainz ist weithin für ihre Wein- und Sektkeltereien bekannt. Da ist es nur naheliegend, dass dort auch Wasserstoff, der „Champagner unter den Energieträgern“ (Claudia Kemfert), hergestellt wird. Querstellen-Friedberg besuchte Anfang Oktober 2022 die Produktionsanlage im Energiepark Mainz, um sich über die Herstellung von Wasserstoff zu informieren.
Seit 2015 betreiben die Mainzer Stadtwerke in Kooperation mit der Linde Group in Mainz-Hechtsheim eine Anlage zur Produktion von Wasserstoff. Drei Elektrolyseure der Firma Siemens mit einer Spitzenleistung von je 2 MW, sind dort installiert, die im Dauerbetrieb zusammen 4 MW Strom aufnehmen und damit Wasserstoff produzieren können. Es handelt sich um eine der ersten Anlagen dieser Art in Deutschland, die zeigt, dass die Wasserstoffherstellung auch in größerem Umfang funktioniert und flexibel eingesetzt werden kann. Rund 17 Mio. € wurden dafür in den Energiepark investiert.
Der Strom für die Elektrolyse kommt aus dem Mittelspannungsnetz der Mainzer Stadtwerke und auch von Windrädern aus dem angeschlossenen Windpark. Strom wird angekauft, wenn er an der Börse günstig ist, d.h. wenn ein Überschuss an Energie vorhanden ist. Als wir zu Gast waren, lief die Produktion leider nicht, denn aktuell ist die Anlage noch nicht ausgelastet.
Im Mainzer Energiepark wurden erstmals viele innovative Techniken bei der Elektrolyse, der Verdichtung des Wasserstoffs, der Speicherung in den Tanks, der Einspeisung ins Erdgasnetz, bei Betankung und Transport eingesetzt und für die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff optimiert. Die Anlage bietet die Möglichkeit, überschüssigen Windstrom in Wasserstoff umzuwandeln und zu speichern. Bis zu 10 % Wasserstoff können auch ins Erdgasnetz eingespeist werden und so den Anteil von fossilem Erdgas etwas verringern. Diese geschieht bereits beim Erdgasnetz des Mainzer Stadtteils Ebersheim.
In einer nachträglichen, internen Diskussion unter den Teilnehmer:innen, bei der es leider keinen Champagner, sondern lediglich Kaffee gab, wurde weiter über den Nutzen von Wasserstoff diskutiert. Ob Wasserstoff klimaneutral ist, hängt von seiner Herstellung ab. Bei der Herstellung von grauem Wasserstoff aus Erdgas, Schweröl oder Kohle wird noch mehr CO2 freigesetzt als bei direkter Verbrennung. Die Teilnehmenden waren sich deshalb darin einig, dass lediglich grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie klimaneutral und damit akzeptabel ist. Dafür müssen jedoch große Mengen überschüssiger Strom aus erneuerbarer Energie zur Verfügung stehen, die zurzeit noch fehlt. Wird – wie wohl auch häufig in Mainz – der normale Strommix aus dem Stromnetz bei der Elektrolyse eingesetzt, ist die Wasserstoffproduktion allerdings noch klimaschädlich. Wasserstoff ist keinesfalls der alleinige Retter aus der Energienot. Denn auch das „Effizienzproblem“ von Wasserstoff bei der gesamten Umwandlungskette muss im Auge behalten werden: Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff, bei Speicherung und Transport und einer späteren Rückumwandlung in einer Brennstoffzelle zu Strom gehen insgesamt rund 2/3 der eingesetzten Primärenergie „verloren“. Die direkte Nutzung von Strom oder seine Speicherung in Batterien ist daher in vielen Fällen sinnvoller. Dies gilt auf jeden Fall beim Individualverkehr. Beim Energiemix der Zukunft wird Wasserstoff aber sicher eine gewisse Rolle spielen. Er wird z.B. als Brennstoff für den Schwerlastverkehr, für Schiffe oder Flugzeuge dienen, er wird bei energieintensiven Industriezweigen (z.B. Stahlproduktion oder chemische Industrie) die fossilen Brennstoffe ersetzen und auch als zukünftiger Langzeitspeicher für die erneuerbaren Energien dienen. Um die Energierevolution jedoch voranzutreiben und Klimaneutralität zu erreichen, ist der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren sicher vorrangig.
Nachdem im Frühjahr 2022 durch die Anrainerkommunen der Beschluss zur Errichtung eines Windparks im Wintersteingebiet gefasst wurde, ist darüber in der Öffentlichkeit kaum noch etwas zu hören. Wie weit sind die Vorbereitungen gediehen?
Das Bündnis Windpark Winterstein, in dem sich 29 Organisationen zusammengeschlossen haben, um für Windenergiegewinnung auf dem Winterstein einzutreten, fordert angesichts der fortschreitenden Klimakrise und der durch Putins Krieg ausgelösten Energiekrise, den Windpark-Winterstein jetzt auch zügig zu realisieren. Deutlich mehr erneuerbare Energie ist nicht nur für das Klima wichtig, sondern vermindert auch Deutschlands Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Die langwierigen naturschutzrechtlichen Untersuchungen machen es notwendig, dass die beteiligten Kommunen, der regionale Energieversorger OVAG und Energiegenossenschaften in der Region Winterstein zügig mit HessenForst und BundesForst die Planungen für einen großen, gemeinsamen und energetisch optimierten Windpark vorantreiben.
Das Windpark-Bündnis hat schon im Frühjahr darauf hingewirkt, dass HessenForst nicht einseitig im Alleingang seine Teilflächen ausschreibt, weil dies nach unserer Auffassung den Intentionen der Absichtserklärung und einem gemeinsamen Windpark widerspricht. Stets hat das Bündnis auf die Anteilseigner einzuwirken versucht, damit sie an einem großen gemeinsamen Windpark festhalten. Mehrfach hat das Windpark-Bündnis auch Staatsministerin Priska Hinz angeschrieben, da das von ihr geführte hessische Umweltministerium die vorgesetzte Behörde für den HessenForst ist. Sie wurde gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der Windpark Winterstein ein Modellprojekt für ganz Hessen wird. Ziel sollte es sein, ein Betreibermodell zu entwickeln, durch das die Wertschöpfung vollständig in der Region verbleibt und diejenigen, die im Umkreis um den Windpark leben, auch einen unmittelbaren finanziellen Nutzen von ihm haben. Darunter wird u.a. auch ein günstigerer Strompreis verstanden. Ein großer gemeinsamer Windpark bietet die Chance, Risiken und Gewinne gleichmäßig auf viele Schultern zu verteilen. Deshalb hat das Bündnis auch immer einen „Runden Tisch“ und die frühzeitige Einbindung und aktive Beteiligung der Bevölkerung gefordert. Eine solche Einbindung von Bündnis und Bevölkerung ist bisher leider nicht erfolgt.
Das Bündnis fordert auch, das neue EEG (Erneuerbare Energiegesetz) mit seinen Paragraphen zum Vorteil von regionalen Energiegenossenschaften anzuwenden. Dort steht nämlich, dass diese Anlagen bis zu 18 MW, das entspricht 2 – 3 modernen Neuanlagen, ohne Ausschreibung bauen können. In der Region gibt es mehrere Energiegenossenschaften, die nur darauf warten, Windenergieanlagen auf dem Winterstein und unter Beteiligung von Bürger:innen, Kommunen und den regionalen Energieversorgern zu betreiben. Mit einem solchen Verfahren kommt man nicht nur zu einer 100-prozentigen regionalen Wertschöpfung, sondern kann auch den notwendigen Ausbau der Windkraft beschleunigen. In Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und dem Saarland wurden im ersten Halbjahr 2022 gerade einmal 12 Windkraftanlagen errichtet, obwohl nach den Klimaschutzzielen der Bundesregierung 474 Anlagen erforderlich gewesen wären. Das ist ein politischer und energetischer Skandal. Der Hitzesommer in diesem Jahr und der zerstörte Wald auf dem Winterstein machen unmissverständlich klar, wie groß der Handlungsdruck ist. Hätten in den zurückliegenden Jahren nicht so viele Akteure die Energiewende hinausgezögert, wäre die aktuelle Energiekrise lange nicht so groß. Umso schneller müssen jetzt diskussionsfähige Realisierungsvorschläge für den Windpark Winterstein auf den Tisch. Das Bündnis fordert daher weiterhin alle Beteiligten auf, im Sinne der Absichtserklärung zu kooperieren und ein tragfähiges Gesamtkonzept zu entwickeln, das die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt und zu einer energetischen Optimierung und einem schnellen Ausbau führt. Das Windpark-Bündnis und viele ungeduldige Bürger:innen unterstützen das gerne und bringen ihr umfassendes Know-how ein, damit sich bald Bürgerwindräder mit den wohlklingenden Namen „Die flotte Frida“ oder „Der fixe Fritz“ auf dem Winterstein drehen und sauberen Strom für uns produzieren.
Ein 1. Stresstest zur Sicherheit der Energieversorgung wurde von März bis Mai 2022 durchgeführt und ging von folgenden Annahmen aus: Russisches Gas fällt aus, der Gaspreis steigt stark an, eine hohe Zahl französischer Atomkraftwerke ist außer Betrieb und Deutschlands Atomkraftwerke sind abgeschaltet. Es zeigte sich, dass die Versorgungssicherheit im bevorstehenden Winter nicht gefährdet ist und die letzten drei AKW planmäßig gemäß Atomgesetz abgeschaltet werden können. Das Fazit zu einem Weiterbetrieb lautete: „Eine Verlängerung der Laufzeiten könnte nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten und mit Abstrichen an den notwendigen Sicherheitsüberprüfungen – und das bei einer Hochrisikotechnologie.“ Nach wenigen Monaten wurde ein 2. Stresstest zwecks Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke durchgeführt, der „ergebnisoffen“ sein sollte, was schließlich nur bedeuten konnte, dass der Weg zu einer erneuten Laufzeitverlängerung grundsätzlich geöffnet werden sollte. Durch Verschärfung der Szenarien konnte eine solche Option auch geschaffen werden, damit alle Beteiligten im Koalitionsgerangel ihr Gesicht wahren können. Wirtschafts- und Energieminister Habeck hat jetzt vorgeschlagen: Es bleibt grundsätzlich beim Atomausstieg! Das AKW Emsland geht planmäßig vom Netz. Neckarwestheim 2 und Isar 2 bleiben als „Reserve“, um sie bei Bedarf bis April einsetzen zu können, falls in Süddeutschland eine Netzinstabilität droht, bzw. Frankreich weiter Probleme mit seinen Atomkraftwerken haben sollte.
Aus Sicht von Atomkraftgegnern ist das zwar ein fauler Kompromiss, aber von den vielen noch schlechteren Varianten vielleicht die erträglichste. Im Idealfall werden die beiden AKW im Dezember abgeschaltet und bleiben es auch. Der mögliche Resevebetrieb wirft allerdings viele rechtliche und sicherheitstechnische Fragen auf: Sicherheitsprüfungen und Betriebserlaubnis laufen ab, im AKW-Neckarwestheim gibt es gefährliche Korrosionsrisse im Wärmetauscher, für die Stromproduktion oder gar den Strompreis sind die verbleibenden Kapazitäten kaum von Belang, um nur wenige Probleme zu nennen. Außerdem werden die Atomkraft-Befürworter nicht ruhen, aus dem Reservebetrieb einen Wiedereinstieg zu machen.
Der Atomausstieg darf auf keinen Fall erneut gekippt werden. Nach jahrzehntelanger gesellschaftlicher Diskussion mit teils bitteren Auseinandersetzungen, nach wiederholten Entscheidungsrevisionen zwischen Laufzeitverlängerung und Ausstieg, wäre eine Verlängerung dieses Dauerkonfliktes eine Katastrophe für den Diskurs und die Entscheidungsfindung in unserer Republik. Eine erneute Kehrtwende würde grundlegende Zweifel an der Zuverlässigkeit demokratischer Einigungen und ihrer Umsetzung aufwerfen. Wie soll eine Gesellschaft funktionieren, in der alle paar Jahre grundlegende Entscheidungen wieder in ihr Gegenteil verkehrt werden?
Aktuell gibt es wahrlich große Herausforderungen zu meistern, wenn wir z.B. an den Krieg in Europa, die sich zuspitzende Klimakatastrophe oder die fortschreitende soziale Spaltung denken, um nur einige zu nennen. Eine erneute Auseinandersetzung um die Atomkraft muss man nicht noch zusätzlich entfachen, denn sie nützt nur denen, die unsere Gesellschaft weiter destabilisieren wollen. Es droht eine Zerreißprobe in der Regierung, eine Identitätskrise für die Grünen und sozialer Unfrieden in der Gesellschaft. Von bestimmten Kreisen und politischen Parteien wird dies derzeit bewusst angestrebt, weil sie dem politischen Gegner schaden und sich in populistischer Weise Vorteile verschaffen wollen. Sie opfern dafür sogar den von ihnen selbst gefassten und von ihrer eigenen Kanzlerin vertretenen Beschluss. Für die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit unserer Demokratie und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist diese Taktik fatal.
Einfache Auswege gibt es weder aus der Energiekrise noch aus der Klimakatastrophe. Der geringe Nutzen der verbliebenen Atomkraftwerke in der gegenwärtigen Gaskrise ist allgemein bekannt. Eine kurzfristige Entspannung bei unseren Energieproblemen ist mit ihnen nicht zu erzielen. Außerdem bleiben die grundsätzlichen Gefahren und Entsorgungsprobleme, die aus gutem Grund zum Ausstiegsbeschluss geführt haben, selbstverständlich weiterhin bestehen. Schalten wir daher endlich die Atomkraftwerke ab. Sie sind Teil der fossilen Menschheitsepoche, die wir schnellstmöglich zugunsten der erneuerbaren Energien überwinden müssen. Das Gelingen der Energierevolution entscheidet über die Eindämmung der Klimakatastrophe und den Fortbestand einer Zivilisation, die auch in Zukunft noch ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.