Anlässlich der Klimakonferenz in Paris verteilt das Friedberger Aktionsbündnis einen Flyer mit mahnenden Worten des Papstes aus der Umwelt-Enzyklika. Terroranschläge und Flüchtlingsdebatte verdrängen die Klimakonferenz in Paris aus der Berichterstattung, obwohl dort rund 10 000 Delegierte nichts weniger versuchen als die Welt zu retten. Selbst wenn die zu beschließende Klimarahmenkonvention gut wird, wird sie wahrscheinlich nicht gut genug, denn zu weit ist der Prozess der Erderwärmung schon fortgeschritten. Ob die mahnenden Wort des Papstes noch helfen? Man muss der Konferenz den größtmöglichen Erfolg wünschen.
Die Erde hat sich seit Beginn der Industrialisierung bereits um 1 Grad erwärmt. Tendenz stark ansteigend.
Von 1890, dem Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen, bis heute ist die mittlere Temperatur um etwa 1 Grad gestiegen. 2014 war das wärmste bisher gemessen Jahr und 2015 wird dieser Rekord vermutlich noch übertroffen. Mit weiteren Steigerungen ist zu rechnen.
Hauptursache ist die Verbrennung fossiler Rohstoffe. Durch die massive Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas wird in großem Umfang Kohlendioxid freigesetzt, das die Hauptursache für den Klimawandel ist. Auch die zunehmende Entwaldung der Erde trägt zum Anstieg der Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre bei, da Pflanzen und Bäume fehlen, die dieses binden konnten. Auch in den Meeren liegt die Kohlendioxidkonzentration gegenüber vorindustrieller Zeit um 28 Prozent höher und die Speicherkapazität der Meere ist bald erschöpft.
Spätestens ab einer Erwärmung um 2 Grad drohen unberechenbare Verschiebungen der Klimazonen. Bei weiter steigender Erwärmung rechnen Wissenschaftler mit einem unbeherrschbaren Kippeffekt, der zur kompletten Veränderung der Klimazonen führen könnte. Wann dieser Effekt eintritt ist nicht vorherzusehen. Viele Länder plädieren daher für eine Reduzierung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad.
Inlandgletscher und arktisches Eis schmelzen bereits. Forscher haben mit Hilfe von Satelliten die globale Eisschmelze ermittelt. Danach verliert die Erde jährlich ca. 230 Milliarden Tonnen Eis. Die zwischen 2003 und 2010 verlorene Eismenge wäre ausreichend, um die gesamte USA mit einer fast 50 Zentimeter hohen Wasserschicht zu bedecken. Schmilzt das Eis ab, kann der darunter liegende, dunklere Boden weniger Sonnenstrahlung zurück ins All reflektieren. Taut der Permafrostboden in Sibirien und Nordamerika auf, werden enorme Mengen an darin enthaltenen Treibhausgasen freigesetzt. Beide Effekte steigern wiederum die Erwärmung des Klimas.
Seit 1900 ist der Meeresspiegel um 20 cm gestiegen. Aus Messungen geht hervor, dass die abschmelzenden Gletscher zwischen 2003 und 2010 zu einem jährlichen Anstieg des Meeresspiegels um 3 Millimeter geführt haben. Insgesamt sei der Meeresspiegel in dieser Zeit um rund einundzwanzig Millimeter gestiegen, berichten Forscher im Fachmagazin „Nature“. (doi:10.1038/nature10847) Das stimme gut mit bisherigen Schätzungen überein. (National Geographic Deutschland 9.2.12 Quelle: dapd). Beim National Climate Assessment vom Mai 2014 wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ein Meeresspiegelanstieg um 1 bis 4 Fuß (30 bis 120 cm) im Vergleich zum vorindustriellen Wert erwartet. Dadurch würden viele Küstenregionen der Erde im Meer versinken.
Wetterextreme wie Tornados, Hitzewellen, Erdrutsche und Überschwemmungen nehmen deutlich zu. In einem Sonderbericht hatte der Weltklimarat IPCC im November 2011 festgehalten, dass es im Zuge der Erderwärmung zu einer Zunahme extremer Wetterphänomene wie heftiger Regenfälle, Hitzewellen und Dürreperioden gekommen ist und diese Entwicklung anhalten wird. 2012 wurden laut einer Untersuchung etwa die Hälfte aller Extremwetterphänomene durch den Klimawandel verstärkt.
Trinkwasser wird in vielen Regionen der Welt knapp. Bereits ein Drittel der Weltbevölkerung leidet derzeit unter Mangel an Trinkwasser. Der Wasserverbrauch hat sich in den letzten 100 Jahren versechsfacht. Experten schätzen, dass sich der weltweite Wasserbedarf bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird und dass zukünftig auch wohlhabenden Länder unter Wassermangel leiden werden. Laut einer Studie, die das Internationale Wassermanagement-Institut in den Niederlanden veröffentlichte, leben etwa zwei Milliarden Menschen in Regionen, in denen Wasser entweder sehr knapp ist bzw. der Pro-Kopf-Verbrauch zu hoch ist. In diesen Regionen sind zudem stark sinkende Grundwasserspiegel und austrocknende Flüsse zu beobachten. In den USA wurde dies in Kalifornien dieses Jahr deutlich sichtbar.
Der Klimawandel erzeugt Armut, Verteilungskämpfe und Migration vor Dürre und Hunger. Ob Hitzewellen, Dürren, Stürme oder Überschwemmungen – die ärmsten Länder sind meist die Hauptleidtragenden von Wetterkatastrophen. Von 1994 bis 2013 waren Honduras, Myanmar und Haiti die am stärksten betroffenen Staaten, wie aus dem Klima-Risiko-Index hervorgeht, den die Umweltschutzorganisation Germanwatch bei der Klimakonferenz in Lima vorstellte. Das Gesamtausmaß der Katastrophen ist enorm: Weltweit starben in diesem Zeitraum mehr als 530.000 Menschen in direkter Folge von über 15.000 extremen Wetterereignissen. „Diese Ergebnisse zeigen die besondere Verwundbarkeit der armen Länder gegenüber klimatischen Risiken, trotz der Tatsache, dass die absoluten monetären Schäden in den reicheren Ländern wesentlich höher sind“, heißt es in der Studie. Daher werden in Zukunft auch klimabedingte Migrationsbewegungen zunehmen.
Die Verbrennung fossiler Energieträger muss gestoppt werden und die Kohle muss in der Erde bleiben. Rund 40 Prozent des weltweiten Stroms werden mithilfe von Kohle erzeugt. Ihre Verfeuerung gehört zu den schädlichsten Praktiken auf der Erde, mit weltweit bleibenden Schäden für Umwelt und menschliche Gesundheit. Für diese Schäden kommt jedoch nicht die Kohleindustrie auf, sondern die Allgemeinheit. Schwefeldioxid, Feinstaub, Quecksilber, Stickoxide, Arsen – aus den Schornsteinen von Kohlekraftwerken gelangen große Mengen gesundheitsschädliche Schadstoffe in unsere Atemluft. Als besonders gefährlich gelten Feinstäube – mikroskopisch kleine Partikel, die über die Lunge bis in den Blutkreislauf gelangen. Eine erhöhte Feinstaubbelastung verursacht nachweisbar Lungenkrebs, Schlaganfälle, Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen. Zusammen mit anderen Quellen der Luftverschmutzung führen die Emissionen aus Kohlekraftwerken zu einer erhöhten Sterblichkeit in der Bevölkerung. Der Braunkohleabbau richtet ganze Regionen zugrunde. Die drei großen deutschen Tagebaureviere – das Rheinische Revier, das Lausitzer Revier und das mitteldeutsche Revier bei Leipzig – umfassten 2008 insgesamt eine Fläche von über 1.600 Quadratkilometern. In der Lausitz plant der Energiekonzern Vattenfall, weitere Tagebaue zu eröffnen.
Ein Kohlekraftwerk bei uns setzt mehr Kohlendioxid frei als z. B. ganz Kenia mit 45 Millionen Einwohnern. In Deutschland gibt es reichlich Braunkohle, die in zwölf gigantischen Tagebauen abgebaggert wird. Rund ein Fünftel der gesamten deutschen CO2-Emissionen stammt aus Braunkohlekraftwerken. Das Kohlekraftwerk Jänschwalde z.B. stößt 25 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aus, das gesamte Land Kenia z.B. dagegen nur 13 Millionen Tonnen. Dabei ist der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken besonders schlecht. Selbst wenn sie mit modernster Technik arbeiten, erreichen sie nur einen Wirkungsgrad von etwa 45 Prozent. Mehr als die Hälfte der Energie verpufft ungenutzt durch den Schornstein.
Die Versäumnisse der Vergangenheit erzwingen jetzt radikale Veränderungen. Der Kohleausstieg muss deshalb rasch erfolgen und die Energiewende muss beschleunigt werden. Der Regierungsberater Martin Faulstich hat für die Abschaffung von Kohlekraftwerken plädiert. Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften sollten einen „Pakt für den Kohleausstieg schmieden“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU). Das letzte deutsche Kohlekraftwerk könne bis zum Jahr 2040 abgeschaltet werden, sagte Faulstich. Die meisten Anlagen könnten allerdings schon in den nächsten 15 bis 20 Jahren vom Netz gehen. Den Vorstoß begründete der Professor für Umwelt- und Energietechnik mit der Sorge um die Energiewende. Wenn die Bundesregierung nicht bald für ein Ende der Kohleverstromung sorge, „dann wackelt die Energiewende“, sagte der Experte. Der SRU setzt sich seit längerem für ein Energiesystem ein, das vollständig aus erneuerbaren Quellen gespeist wird. Dieses Ziel sei bis 2050 technisch möglich, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Zugleich lägen die Kosten langfristig unter denen einer Versorgung mit konventionellen Brennstoffen wie Erdöl und Kohle.
Der Energieverbrauch muss gesenkt und sinnloses Wachstum muss begrenzt werden. Daher sollten auch wir Bürger*innen dringend über unser Konsumverhalten und unsere Urlaubsgewohnheiten nachdenken und unsere Verantwortung für die Umwelt wahrnehmen.
Was bringt der 21., 22. oder 23. Klimagipfel? Wie viel Zeit bleibt uns noch?